3. April 2017

Studieren statt Kopieren – Erhalt des digitalen Semesterapparats



– von Kevin Golde

Von der Verfassung eines wissenschaftlichen Textes bis zu den Studierenden ist es oft ein langer Weg. Dieser Weg führt in Deutschland nicht herum um die Verwertungsgesellschaft Wort (VG Wort), die für die Verfasser*innen wissenschaftlicher Inhalte mit den Hochschulen als Bereitsteller dieser Inhalte verhandelt. In der Vergangenheit konnten die Hochschulen für die digitale Bereitstellung dieser Inhalte immer pauschal die VG Wort bezahlen, bevor 2017 die Bezahlungsmethode hin zur Einzelabrechnung geändert werden sollte – und damit fing das Chaos an.

Nachdem die Verhandlungen zunächst gescheitert waren, haben sich die Vertreter*innen der VG Wort, der Kultusministerkonferenz (KMK) und der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) nun doch auf eine Über-gangslösung geeinigt. Dies geschah auch auf Druck der Studierenden, die deutschlandweit ihrem Unmut unter anderem mit einer Online-Petition Gehör verschafften. Dabei wurden innerhalb einer Woche mehr als 88.000 Unterschriften gesammelt. Als Ergebnis wird die bisherige Forderung der VG Wort nach einer Einzelvergütung für urheberrechtlich geschützte Lehrmaterialien vorläufig bis Septem-ber 2017 ausgesetzt. Eine Arbeitsgruppe soll nun zum wiederholten Male eine Einigung für das Abrechnungssystem der Hochschulen erar-beiten.

Die Landes-Asten-Konferenz Bayern fordert per Petition unter change.org/urheberrecht, dass die Arbeitsgruppe rasch eine langfristige Lösung findet, bei der auch die Studierenden in die Ausarbeitung eingebunden werden.

Zur Erprobung einer von VG Wort geforderten Einzelabrechnung fand bereits ein Semester lang eine Testphase an der Universität Osn-abrück statt. Dabei ging die Zahl der digital zur Verfügung ge-stellten Texte um 75 Prozent von 4.000 auf 1.000 Werke zurück, wobei die Verwaltungs- und Personalkosten um rund 20.000 EUR stiegen. In Anbetracht der Größe der Universität Osnabrück (etwa 13.000 Studierende) potenzieren sich diese Kosten bei 2,5 Millio-nen Studierenden in ganz Deutschland entsprechend. Die primär Leidtragenden sind die Studierenden, die doch ein enorm wichtiges Zukunftspotential darstellen. Die Mehrheit der Hochschulen ist im Begriff, im digitalen Zeitalter Fuß zu fassen – dies darf durch den Rahmenvertrag nicht unterbunden werden!

Darüber hinaus ist eine Reform des Urheberrechts, die die Frei-heit von Lehre, Studium und Forschung weiterhin ermöglicht, un-ausweichlich. Die Weichen hierfür können beispielsweise mit der Einführung einer allgemeinen Bildungs- und Wissenschaftsschranke, also Ausnahmeregelungen, die es ermöglichen, Werke ohne Zustimmung des Rechteinhabers zu nutzen, gestellt werden.



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