Gemeinsam Grundlagen schaffen
Das Arbeitsprogramm der Grünen Jugend München für 2022
Eine aufregende und herausfordernde Zeit liegt hinter uns. Der coronabedingte
Ausnahmezustand wird wieder ernster und selbstverständlich beobachten wir das weitere
Infektionsgeschehen genau und reagieren, wo es nötig ist.
Neben der Pandemie bestimmten vor allem zwei Themen das Verbandsleben die
letzten Monate – die IAA und die Bundestagswahl.
Wochenlang bereiteten wir uns auf eine spannende und richtungsweisende Wahl vor
und haben schließlich einen großartigen Wahlkampf hingelegt. Mit viel Power
unserer Mitglieder haben wir die Wochen vor der Wahl mit Leben gefüllt. Sei es
beim Haustürwahlkampf, abends in den Kneipenviertel oder beim Notenwürfeln nach
Armin Laschet. Wir haben alles gegeben, um auf die bestehenden Krisen und
Probleme aufmerksam zu machen, viele jung-grüne Perspektiven in den Bundestag zu
bekommen und sind dabei mit jungen Menschen auf der Straße über den
Mietenwahnsinn, Gerechtigkeit und die Klimakrise ins Gespräch gekommen.
Im September haben wir uns neben dem Wahlkampf aktiv bei den Protesten gegen die
IAA beteiligt. Der Planet brennt und München wird vier Tage den Autoherstellern
überlassen. Nach intensiver Bündnisarbeit konnten wir und viele andere
Klimaaktivist*innen der IAA und der Autolobby entschieden und laut
gegenübertreten. Wir haben uns von dem Greenwashing der Konzerne nicht blenden
lassen und uns klar gegen die IAA in München und besonders gegen die Nutzung des
öffentlichen Raums durch die Aussteller mit der nötigen Deutlichkeit
distanziert.
Zur Wahl Ende September konnten die Grünen 14,8 % der Stimmen für sich gewinnen,
in München erneut stärkste Kraft werden und mit Jamila Schäfer das erste grüne
Direktmandat in München erringen. Auch die Spitzenkandidierenden der GJ Bayern,
Saskia Weishaupt und Marlene Schönberger, konnten in den Bundestag einziehen und
mit ihnen über 20 weitere Grüne Jugend Kandidat*innen.
In den nächsten Wochen und Monaten stehen die Koalitionsverhandlungen zur
Bildung einer Ampelkoalition an. Wir wollen als Ortsgruppe der GJ weiterhin für
linke Mehrheiten kämpfen und Aufmerksamkeit auf die wichtigen Kämpfe in unserer
Gesellschaft lenken, denn die Klimakrise schreitet mit großen Schritten voran
und die Schere zwischen Arm und Reich wird immer größer – die Politik der
letzten Jahre hat stets am Status Quo festgehalten und unsere Infrastruktur
kaputtgespart. Es gibt viel zu tun, um das gute Leben für alle endlich zu
erreichen! Im kommenden Jahr kann es eine Bundesregierung mit grüner Beteiligung
geben, dann wird sich zeigen ob den großen Krisen unserer Zeit mit gerechten
Lösungen begegnet wird.
Bildungsarbeit
Nur wenn wir die Gesellschaft verstehen, können wir sie auch verändern. Um
diesem Anspruch gerecht zu werden, bildet auch dieses Jahr die Bildungsarbeit
den zentralen Punkt unserer Verbandsarbeit. Wir wollen die Ursachen unserer
Probleme erfassen, gesellschaftliche Strukturen erkennen und Gelerntes in
politische und aktivistische Praxis umsetzen. Wir wollen weiterhin ein Ort sein,
in dem es möglich ist, möglichst niedrigschwellig neues Wissen zu erlangen, die
großen Fragen unserer Zeit zu diskutieren und gemeinsam Utopien zu entwickeln.
Die Bundestagswahl liegt hinter uns und 2022 hält keinen Wahlkampf für uns
bereit, ein idealer Zeitpunkt um sich mit den Grundlagen unserer politischen
Arbeit auseinanderzusetzen. Wir wollen im ersten Halbjahr gemeinsam mit unserem
Bildungsteam Grundlagen-Workshops erarbeiten und diese in einem regelmäßigen
Rhythmus unseren Mitglieder anbieten. Dabei soll es darum gehen, grundlegende
Kenntnisse über unser politisches und gesellschaftliches System zu
erlangen.Hierbei werden wir auch verstärkt Referent*innen der Grünen Jugend
einladen. Wir wollen damit besonders neuen Mitgliedern einen Raum zum
Austauschen, Dazulernen und kritisch Hinterfragen bieten, aber auch für alte
Häs*innen wird es ein passendes Angebot geben. Wir wollen uns fragen, was es
eigentlich mit dem Kapitalismus auf sich hat, woher das Patriarchat kommt und
warum die Überwindung der Klimakrise Hand in Hand mit sozialer Gerechtigkeit
geht. Wie ist der Status Quo, wo wollen wir hin und welche historischen
Ereignisse haben die politische Entwicklung entscheidend geprägt? Wie können wir
Rassismus bekämpfen, Kolonialismus überwinden und warum sind wir eigentlich ein
linker Verband?
In der zweiten Jahreshälfte wollen wir wieder konkreter an aktuelle politische
Kämpfe anschließen und uns mit Themen der sozialen Gerechtigkeit
auseinandersetzen. In Zeiten von steigender Kinderarmut, wachsender
Bildungsungerechtigkeit und einer immer weiter auseinandergehenden Schere
zwischen Arm und Reich, sollten wir uns fragen wie es zu diesen Missständen in
einem Sozialstaat kommen kann. Gerade im sozialpolitischen Bereich werden
Probleme individualisiert anstatt sie als strukturelle Probleme anzugehen. Die
Verschiebung der Debatte im öffentlichen Diskurs klingt in etwa so: “Arm ist wer
faul ist, studieren dürfen die Fleißigen und eine ruhige Rente mit ausreichend
finanziellen Ressourcen haben eben die, die ausreichend angespart haben”. Doch
all diese Punkte sind keine individuellen Probleme. Wir leben in einem System,
das von sozialer Ungerechtigkeit profitiert und Individuen gegeneinander
ausspielt. Wir brauchen politische Lösungen für strukturelle
Ungerechtigkeiten,das bedeutet: Bezahlbare Mieten, ein Bildungs- und ein
Gesundheitssystem, das endlich den Menschen in den Mittelpunkt stellt und
Armutsfestigkeit beim Mindestlohn, der Kindergrundsicherung und im Rentensystem.
Wie können wir all das erreichen, finanzieren und was daran ist eigentlich
strukturell?
Auch unsere Herbstwerkstatt im Oktober wird sich an unserem
Halbjahresschwerpunkt orientieren. Wir werden dort die Möglichkeit haben, uns
intensiv mit den Fragen sozialer Gerechtigkeit zu beschäftigen.
Öffentlichkeitsarbeit
Auch im kommenden Jahr sollen unsere Inhalte nicht nur auf der Straße, sondern
auch in den sozialen Medien und der Presse präsent sein. Dafür wollen wir
gestärkt in die nächsten Monate starten und uns Unterstützung in Form eines
Social Media Teams holen, das in Zukunft in Zusammenarbeit mit den
Sprecher*innen für die Bespielung unserer Kanäle zuständig sein wird. Damit
wollen wir dem Ziel nachkommen unsere Social Media Arbeit zu professionalisieren
und noch mehr Menschen mit unseren Themen erreichen. Dazu kann es beispielsweise
auch gehören, “eingeschlafene” Kanäle wie unseren Twitter-Account zu
reaktivieren oder sich neuen Plattformen anzunehmen.
Auch in diesem Jahr planen wir wieder themenbezogene Social Media Kampagnen, in
welche wir auch unsere Mitglieder aktiv einbinden wollen. An der Planung dieser
soll maßgeblich das Social Media Team beteiligt sein. Außerdem sollen unsere
Arbeit, das aktuelle Verbandsgeschehen, wichtige tagesaktuelle politische
Ereignisse und Bildungsinhalte sowie Erinnerungskultur auf unseren Kanälen Platz
finden.
Die Zusammenarbeit mit der lokalen Presse soll weiter aufgebaut und intensiviert
werden. Wir wollen Kontakte zu Journalist*innen knüpfen und als relevante
Ansprechpartner*innen in München wahrgenommen werden. Hierfür wollen wir die
Presse weiterhin zu wichtigen Ereignissen und Veranstaltungen einladen und mit
Pressemitteilungen über unsere politische Arbeit informieren. Für die
Pressearbeit soll – von den Sprecher*innen – ein einheitliches Konzept
erarbeitet und der Umgang mit Presseanfragen professionalisiert werden.
Verbandsarbeit
Bündnisse
Für uns in der GRÜNEN JUGEND München ist neben der Bildungsarbeit Aktivismus auf
der Straße sehr wichtig. Dort können wir Druck auf Parlamente ausüben und
gesellschaftlichen und politischen Wandel voranbringen. Auch in München gibt es
viele verschiedene Organisationen, mit denen wir Synergien nutzen können, die
wir mit unserer Tatkraft unterstützen möchten und bei denen wir als Teil
mitarbeiten möchten. Deshalb haben wir 2019 die Bündnisverantwortlichen
geschaffen. Auch in Zukunft möchten wir unsere Mitglieder dazu ermutigen, sich
in den Bündnissen zu beteiligen und so auch verschiedene Seiten von politischem
Aktivismus kennenzulernen. Dabei wollen wir enger mit den Menschen in diesen
Verantwortungspositionen zusammenarbeiten und diese Arbeit auch nach außen hin
sichtbarer machen.
Im Bereich der Klimabewegung unterstützen wir die Proteste von Fridays for
Future, Ende Gelände und Sand im Getriebe. Gerade im Hinblick auf die IAA werden
wir weiter genau auf die politischen Geschehnisse achten und Druck ausüben, wo
wir können. Auch in feministischen Bewegungen wie dem Bündnis für sexuelle
Selbstbestimmung, dem feministischen Streik und Weg mit §218 sind wir vertreten,
um gemeinsam gegen Sexismus, Patriarchat und Abtreibungsverbote zu kämpfen.
Weitere Bündnisse, in denen wir uns engagieren, sind das Linke Bündnis gegen
Antisemitismus und das NoPAG Bündnis. Im nächsten Jahr wollen wir diese
Zusammenarbeit fortführen und außerdem unsere Kräfte mit Gewerkschaftsjugenden
in München vereinen. Wir halten auch immer Ausschau nach neuen Bündnissen, deren
Arbeit wir unterstützen möchten.
Wie auch in den vergangen Jahren finden 2022 einige Aktionstage in München,
bundesweit und auch weltweit statt. Wir wollen uns unter anderem zum
feministischen Kampftag am 8. März, beim Christopher Street Day und beim
Antirassistischen Aktionstag sowohl bestehenden Proteste anschließen als auch
eigene Aktionen auf die Beine stellen.
Vielfalt im Verband
Seit 2019 haben wir ein vierköpfiges Vielfaltsteam, das ständig daran arbeitet,
unseren Verband vielfältiger in jeglicher Hinsicht zu machen. Im ersten Halbjahr
von 2020 hat sich die Gruppe intensiv mit der Einbindung von Menschen mit
Rassismuserfahrungen beschäftigt und dazu den ersten Teil unseres
Vielfaltsstatuts erarbeitet. Im folgenden Halbjahr ist dies nun um den
Schwerpunkt “Menschen mit körperlichen und geistigen Behinderungen” ergänzt
worden. Im nächsten Halbjahr wird unser Team sich darum bemühen, Hürden für
Menschen mit seelischen Behinderungen bzw. psychischen Erkrankungen zu erörtern
und abzubauen. Gegen Ende des Jahres wollen wir uns mit Allyship
auseinandersetzen, also wie wir gute Verbündete für diskriminierte Menschen sein
kann. Außerdem werden wir die weitere Umsetzung unseres Statuts in Angriff
nehmen und bislang erarbeitete Strukturen und Ideen einsetzen.
Neumitgliedereinbindung
Im letzten halben Jahr haben wir durch den starken Wahlkampf zur Bundestagswahl
unglaublich viele Neumitgliedern dazugewonnen und wir sind so groß wie nie. Um
diesem Wachstum gerecht zu werden, wollen wir unsere Strukturen auch
entsprechend anpassen. Dafür haben wir uns ein tolles Buddy-Programm überlegt,
sodass Neumitglieder und die, die es werden wollen, ab ihrem ersten Besuch einer
GJM-Veranstaltung die Möglichkeit, sich von unseren Buddys, also Menschen, die
schon länger dabei sind, betreuen zu lassen. Den Neumitgliedern möchten wir
damit erleichtern, sich in unsere Strukturen einzufinden, und eine
Ansprechperson für jegliche Fragen zur Seite stellen. Dieses Konzept haben wir
zuletzt erstmals umgesetzt und 2022 wollen wir an der Ausführung justieren.
Darüber hinaus werden im nächsten Jahr auch wieder mehr Vernetzungsangebote wie
Barabende, Spieleabende, Frühstücke und andere Ideen stattfinden. Damit wollen
wir alle Mitglieder, auch die, die schon länger dabei sind, aktivieren,
politisch gleichgesinnte Menschen aus unserem Verband kennenzulernen.
Arbeitskreise
In 2022 wollen wir nach fast 2 Jahren wieder unsere Veranstaltungen vermehrt und
soweit wie möglich in Präsenz anbieten. Dazu gehören auch die Sitzungen und
Bildungsveranstaltungen, die unsere Arbeitskreise organisieren. Um den Übergang
zu schaffen, wollen wir außerdem unsere Mitglieder dazu ermutigen, auch selbst
einen neuen Arbeitskreis zu gründen. Dafür haben wir im Oktober 2021 eine
Arbeitskreis-Gründungswerkstatt angeboten. Mit diesem frischen Wind wollen wir
ins neue Jahr starten und die Arbeitskreise in Präsenz wieder zu einem einfachen
und niederschwelligen Beteiligungsangebot machen. Die Arbeitskreise bilden einen
Ort, in dem einerseits Veranstaltungen gemeinsam geplant und organisiert werden
und andererseits Raum ist für den Austausch zwischen fachlichen Expert*innen und
Interessierten, die erst in das Thema hineinschnuppern.
In allen Arbeitskreisen werden halbjährlich zwei koordinierenden Personen
(quotiert) gewählt. Diese werden vierteljährlich mit allen Teammitgliedern aus
ständigen Teams zu den sogenannten Koordiforen eingeladen. Dieses Angebot
liefert Methoden, um unsere engagierten Mitglieder zu befähigen, sich sowohl bei
der Organisation als auch bei der Durchführung von Veranstaltungen zu
beteiligen.
Finanzen
Für unser Bildungsangebot, Wahlkämpfe und andere Teile unserer Verbandsarbeit
benötigen wir natürlich auch eine finanzielle Absicherung. Nachdem wir nächstes
Jahr keinen Wahlkampf bestreiten müssen, haben wir hier die Chance, gerade für
die Landtagswahl 2023 Rücklagen anzulegen. Gleichzeitig wollen wir Anfang des
Jahres eine groß angelegte Spendenkampagne starten, um unsere Kosten für 2022 zu
decken. Über das Jahr verteilt haben wir das Ziel, vermehrt Fördermitglieder und
themenbezogene Spenden anzuwerben. Zur Absicherung möchten wir außerdem wieder
um Teilnehmer*innenbeiträge bei unseren größeren Veranstaltungen wie der
Herbstwerkstatt und dem Frauenforum bitten. Hierbei handelt es sich um einen
Solidarbeitrag, von dem sich Teilnehmende formlos befreien lassen können.
Bezirksgruppen
Unser Verband hat in den letzten Jahren einen enormen Zulauf erfahren. Allein im
letzten halben Jahr sind durch den Wahlkampf unzählige Mitglieder neu
dazugekommen. Deswegen möchten wir in unserem Kreisverband die Gründung von
Bezirksgruppen vorantreiben und dabei evaluieren, wie diese funktionieren und
angenommen werden. Der – jetzt stark gewachsene – Kreisverband soll in
Untergruppen aufgeteilt werden, in denen sich die Mitglieder noch
niedrigschwelliger engagieren und aufgrund der geringeren Größe stärker an der
Organisation des Verbandsleben beteiligen können und dadurch Verantwortung
übernehmen können. Dieses längerfristige Projekt gehen wir 2022 nun erstmalig
an. Hier wird unsere Aufgabe sein, die Balance zu halten, um weiterhin
Beteiligung im Kreisverband aufrechtzuerhalten, aber unsere Mitglieder auch zu
motivieren, sich in den neuen Gruppen einzubringen.
Frauenförderung
Seit zwei Jahren ist unser Frauenförderungsteam zuständig für die ständige
Frauenförderung in unserem Verband. Unter die Aufgaben des Teams fällt die
Organisation der regelmäßigen Frauenbarabende und Frauenfrühstücke. Außerdem
veranstalten die Mitglieder das jährliche Frauenforum, auf dem wir alle Frauen
aus der GRÜNEN JUGEND München einladen, mit uns einen Tag zu verbringen, sich
mit anderen Frauen zu vernetzen und Inhalte in Methoden in einem sicheren Raum
zu erlernen.
Im neuen Jahr möchten wir die Frauenförderung nochmal etwas umgestalten. Dabei
soll das Team fortan nur noch aus drei Mitgliedern bestehen, um gezielter zu
arbeiten. Gleichzeitig wollen wir die Sichtbarkeit des Teams im Verband steigern
ebenso wie unsere Vernetzungsangebote für Frauen. Das Team wird im neuen Jahr
auch kreative neue Formate erarbeiten und durchführen. Im ersten Halbjahr von
2022 planen wir außerdem eine große Veranstaltung für Frauen, um einen Ausgleich
zum Frauenforum im zweiten Halbjahr zu schaffen. Inhaltlich wollen wir uns mit
dem Frauenstatut der GRÜNEN JUGEND München auseinandersetzen und dieses
überarbeiten. Dazu wollen wir einen Austausch mit allen vom Patriarchat
diskriminierten Mitgliedern ermöglichen.
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